Unsicher vermeidender Bindungsstil

Es ist das Kind, das sich aus dem Überlebensinstinkt und dem Bedürfnis der inneren Spannungsregulierung heraus den Erfordernissen, sprich den Möglichkeiten, die die Bezugspersonen anbieten, anpassen muss. Die in der frühen Lebensphase entwickelten Anpassungsstrukturen und Verhaltensinstrumente dienen primär dazu, die innere Unruhe und Spannung nicht zu erleben, die entsteht, wenn die Gefahr droht, dass Erwartungen enttäuscht werden könnten.

Alle Verhaltensmuster unterliegen dieser inneren Struktur und beeinflussen die Selbstwahrnehmung, die Wahrnehmung und Interpretation des Gegenübers, das Einfühlungsvermögen, die emotionale Kommunikation, das Nähe-Distanz-Verhalten.

Generell überlassen Menschen mit unsicher-vermeidendem Bindungsstil dem Gegenüber mehr Raum als sich selbst, sie richten den Fokus mehr auf die andere Person, was zur Folge hat, dass sie sich selbst aus dem Blick verlieren. Der Kontakt zu den eigenen Gefühle ist nicht vollständig da und Gefühle können daher nicht richtig wahrgenommen und eingeschätzt werden. Damit einhergehend gibt es kein klares Empfinden für die eigenen Bedürfnisse, die so stark heruntergedrückt oder heruntergedimmt werden, dass sie meist nicht wahrgenommen werden können. Dadurch liegt der Fokus auf dem Gegenüber, allerdings wird diese Person verzerrt wahrgenommen und häufig idealisiert oder im Gegenteil abgewertet; die Wahrnehmung entspricht meist nicht der Realität.

Häufig identifiziert sich ein Mensch, der diesem Beziehungsstil unterliegt, mit dem Beziehungspartner und erfüllt dessen Bedürfnisse. Die Beziehungspartner sind allerdings nicht auf Augenhöhe miteinander, was als Voraussetzung für echte Empathie gilt. Denn die Erfüllung der Bedürfnisse des Gegenübers erfüllt im Grunde nur das eigene Bedürfnis, nicht enttäuscht zu werden, um nicht in den Abgrund des damals erlebten Schmerzes zu fallen.

Das emotionale Verhalten ist vorsichtig und verhalten, eher passiv und reduziert, oft unklar. Das dient alles dem Vermeiden von Gefühlsstrukturen, die damals in der Prägungsphase enttäuscht wurden. Diese Enttäuschung möchte auf keinen Fall wieder erlebt werden. Wichtig zu verstehen ist dabei, dass diese Strukturen nicht wirklich gesehen werden können, da die ursprünglichen Bedürfnisse und Frustrationen über deren Enttäuschung verdrängt wurden und damit nicht zugänglich und erlebbar sind.
Das jetzt genutzte vorsichtige und vermeidende Verhaltensmuster ist aufgrund der aus dem Schmerz erwachsenen neuronalen Strukturen »installiert« und präzisiert worden, die der inneren Homöostase, der Stressregulierung dienen. (siehe mein voriger Blog-Beitrag)

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